Zunächst hatte ich eine Teilzeitreitbeteiligung auf Sabrina, ich zahlte die Hälfte der Stallmiete und dafür ging die Stute einige Reitstunden am Tag. Anfangs war dieses Arrangement mir Recht, denn ich musste nicht jeden Tag zum Stall um die STute zu bewegen.
Aber auf Dauer war das keine Lösung. Wenn ich dann reiten wollte, hatte ich kein gutes Gefühl, wenn Sabrina vorher schon in den Reitstunden gelaufen war. Außerdem bestimmte immer noch die Mitbesitzerin über die Haltung. Dort bekamen die Pferde nur altes Brot zu fressen, insgesamt war der Stall nicht pferdegerecht, keine Weiden und nur Einzelboxen. Eine aufblasbare Halle und ein Reitplatz. Allerdings war das Reitgelände drum herum sehr schön und weitläufig, wenn auch am Rande der Landeshauptstadt, aber dort war es schon immer sehr schön ländlich.
Eines Tages war es mir dann zu bunt: immer diese Scherereien mit der Stallbesitzerin, der nicht pferdegerechte Umgang und die schlechten Haltungsbedingungen. Aus Irland wusste ich, dass es auch anders geht, besser.
Nach etwa einem halben Jahr war mir klar, dass ich Sabrina ganz für mich alleine haben wollte. Ich kaufte sie zu einem – im Nachhinein überhöhten Preis, denn sie war aufgrund ihrer Verschleißerscheinungen sicher nicht mehr wert als der Schlachtpreis. Und hätte ich sie nicht genommen, wäre sie auch dort gelandet: in der Pferdemetzgerei.
Es stand ohnehin ein Ortswechsel an: ich wollte in die Stadt ziehen, in der ich eine feste Anstellung hatte. Mein Partner wollte das auch mit mir und den Pferden. Er hatte sich inzwischen einen total durchgeknallten, fast unreitbaren Fjord aufschwatzen lassen, im wahrsten Sinne ein Schlitzohr, denn eines seiner Ohren war wirklich in 2 Teile geschlitzt.
Wieder so ein Opfer menschlichen Versagens, oder menschlicher Gleichgültigkeit, dieses Pony war lebensgefährliche, aber dazu dann ein anderes Mal.
Ich besaß nun endlich ein eigenes Pferd! Zubehör wurde angeschafft und ausprobiert und wieder abgeschafft. Sättel gekauft und verkauft, Trensen….der ganze Fundus, der in Sattelkammern in Schränken vor sich hindümpelt. Man hat von allem zuviel, aber nie genug.
Zwischenbemerkung:
(Obwohl ich viel zu viel Zeug von meinem Pferden herumliegen habe, musste ich doch für den Neuen, den Andalusier von Dezember 2014 noch kaufen: 2 Gebisse, 1 portugiesische Kandare, eine Serreta, ein Kimblewick, ein spanisches Kopfstück, ein Westernpad, was nicht passt…..man wird irgenwie nicht klüger mit der Zeit. Was ich momentan davon benutze: ab und an den Kappzaum, der sehr teuer war, gute spanische Handarbeit und eine ganz normale doppelt gebrochene Trense aus dem Reiterladen, wo ich auch mein Futter und meine Möhren kaufe)
zurück zur Geschichte:
Jetzt stand also der Umzug in eine andere Stadt an und die Suche nach einem neuen Stall. Aber ich suchte nicht lange, sondern nahm das mir Bekannte…einen Mietstall, der seine Schulpferde auch zu unbegleiteten Ausritten verlieh.
Dieser Stall hat heute immer noch einen schlechten Ruf, aber damals kümmerte mich das nicht, denn er liegt mitten in einem tollen Reitgebiet und hat eine Halle. Das genügte meinen damaligen Ansprüchen.
Sabrina, die Erste
Nach unserer Rückkehr nach Deutschland war mir klar: Reitschule kommt nicht mehr in Frage, ich wollte ein eigenes Pferd.
Erst einmal eine Reitbeteiligung, ich war mir durchaus der Verantwortung und Kosten bewusst, die durch ein eigenes Pferd entstehen.
Damals gab es noch kein Internet, aber eine Tageszeitung. Und dort fand ich ein Inserat, wo jemand eine Reitbeteiligung für sein Pferd suchte. Ich rief dort an und machte einen Termin für den Proberitt aus.
Um es kurz zu machen: das angebotene Pferd (ein Fuchs namens Nobody, das war schon dem Namen nach ein No Go)gefiel mir nicht. Irgendwie bekam ich keinen Draht zu dem schwerfälligen Warmblut-Wallach und war erst enttäuscht.
Doch die geschäftstüchtige Stallbetreiberin bot mir eines ihrer Schulpferde an, ich sollte doch mal in den Stall schauen.
Und da stand sie, ganz hinten in dem hintersten dunklen „Loch“, riesig groß und schwarz:
SABRINA!
meine Sabrina. Ich kam, sah sie und wusste: die oder keine. Das Probereiten verlief dann auch glücklich, das Pferd war leichtrittig, wenn auch sehr groß, Stockmaß etwa 1,80 Meter. Aber mir war das egal, denn Sabrina hatte mein Herz erobert.
Sie hatte ihre Macken: Vollblut unbekannter Herkunft, früher auf Jagden und in der Vielseitigkeit eingesetzt. Wahrscheinlich einmal im Renntraining gewesen und dann als untauglich ausgemustert. Keine Papiere, nur die Info, dass sie 4jährig zu dem Reitstall kam, wo ich sie fand. Dort war sie aufgrund ihrer Schnelligkeit regelrecht verheizt worden. Ein verheilter Griffelbeinbruch und ein Hahnentritt, aber ich in meinr Unerfahrenheit sah diese Einschränkungen nicht, denn ich liebte dieses Pferd von dem Moment an, als ich es zum ersten Mal sah.
Im Gelände war Sabrina unterschrocken, aber sehr schnell. Also in der Gruppe im Galopp kaum zu halten, es sei denn, sie konnte vorne laufen. Unterwegs anhalten oder gar absteigen war nicht möglich.
Einmal ist sie mir beim Aufsteigen davongelaufen, es war im Stadtwald und sie lief auf eine Hauptverkehrsstraße und wurde von der Polizeit eingefangen, hatte zuvor noch einen Mopedfahrer zum Sturz gebracht. Ihr war allerdings nichts passiert und ich konnte auf ihr auch zurück reiten.
Ein anderes Mal stürzte sie bei einem Galopp auf einem Stoppelfeld, wahrscheinlich, weil sie schon damals Beinprobleme hatte und nicht im Gleichgewicht war. Sie lief dann alleine nach Hause, zum Glück über die Autobahnbrücke und nicht über die Autobahn, die direkt neben dem Feld verlief. Ich musste zu Fuß hinterher. (Nicht das letzte Mal, dass ein Pferd vor mir nach Hause kam, aber dazu später noch..)
Im Umgang mit anderen Pferden war sie dominant, aber da damals die Herdenhaltung noch nicht üblich war, sondern die Pferde den größten Teil des Tages in einer Einzelbox standen, fiel die Dominanz nicht so auf und später konnte sich Sabrina sehr wohl in eine Herde integrieren, solange sie die Chefin war. Dann war alles in Ordnung und sie war auch sehr fürsorglich als Leitstute.
So kam ich also zu meinem ersten Pferd: groß, schwarz, schnell und Vollblut!
Irland und die Folgen….
Ich hatte auch immer durchaus noch andere Interessen als Pferde, aber das Thema blieb dauerhaft präsent, es ist sozusagen mein Lebensthema.
Heute, mit 61 Jahren, kann ich sagen, dass eine der Konstanten in meinem Leben immer die Pferde waren. Dinge haben sich geändert, Menschen kamen und gingen, auch Beziehungen. Interessen wechselten, aber die Pferde blieben, oder ich kam immer wieder zu ihnen zurück.
Zurück zu meiner Geschichte.
Es war mittlerweile 1984 geworden, ich war 28 Jahre alt und abenteuerlustig. Ich plante eine Reittour durch die schottischen Highlands, aber mein Budget reichte dafür doch noch nicht aus, war ja noch Berufsanfängerin und musste das Geld zusammen halten. Das Jahr zuvor war ich per Fernbus durch England gereist, auch dort bin ich in Wales einmal aufs Pferd gestiegen, war eine gute Erfahrung. In dem Prospekt für Reiterreisen stieß ich dann auf das Angebot eines Reiterhofs in der Nähe der Stadt Sligo, im Nordwesten Irlands. So eine Art Urlaub auf dem Bauernhof mit täglichen Ausritten. Das gefiel mir und ich buchte.
Es war eine tolle Woche mit Familienanschluss in der Reiterpension und netten Mitgästen, alle aus Deutschland und alle auch so pferdeverrückt wie ich. Die Pferde – und das war mir neu – lebten das ganze Jahr draußen fast in freier Wildbahn auf riesigen Weiden. Wenn man ein Pferd zum Reiten holen wollte, musste man erst kilometerweit laufen, bis man überhaupt ein Pferd zu Gesicht bekam.
Standardspruch unseres Gastgebers Michael: Don´t brush them, their`re washed, also nicht putzen, sie sind schon gewaschen, denn es regnete mindestens einmal am Tag. Machte aber nichts: Sattellage abgerieben, Sattel drauf und los mit Regenjacke und – hose.
Meine Reitkenntnisse reichten nun schon aus, mich alleine im Gelände zu bewegen, in der traumhaften Landschaft, entlang einer Steilküste in den Nachbarort und zum Horseshoe Trail in die Berge. Ich durfte nach 2 Tagen auch alleine losreiten, Michail meinte, ich könnte das. Und die irischen Pferde waren einfach zu reiten und sehr ruhig und ausgeglichen. Besonders mochte ich eine Schimmelstute, eine Connemara. Deren Namen habe ich leider vergessen, aber das war wirklich mein Traumpferd.
Leider war die Woche Irland schnell vorbei, aber im nächsten Jahr kam ich zurück mit meinem damaligen Partner ( tatsächlich gab es auch den einen oder andern Mann in meinem Leben, aber nicht mit der Beständigkeit der Pferde!)Den hatte ich sozusagen mit dem Pferdevirus angesteckt, er konnte aber überhaupt nicht reiten, dennoch hielt er sich tapfer auf dem Pferd und wir machten die Touren in County Sligo gemeinsam.
Nach unserer Rückkehr nach Deutschland war mir klar: Reitschule kommt nicht mehr in Frage, ich wollte ein eigenes Pferd.
Schulpferde und Reitlehrer
Alle in der Stadtbibliothek vorhandenen Pferderomane hatte ich bereits gelesen und ich fing an mir eigene Pferdegeschichten auszudenken und aufzuschreiben. Meine Hauptperson war immer ein Mädchen mit einem schwarzen Pferd, also hatte Karl May doch mit seinen edlen Rappen ( alle Pferde seiner Helden waren Rappen, merkwürdig..)einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Und es musste immer ein Vollblut sein, am besten ein Araber.
Im Urlaub in südlichen Gefilden stieg ich dann und wann mal aufs Pferd, einmal in Tunesien am Strand mit einem Berberhengst (!!!), der war aber ganz lieb zu mir Anfängerin und einmal in Spanien auf einem Cruzado, der mich im Galopp prompt verlor, war nicht seine Schuld, ich konnte einfach nicht gut genug reiten.
In Tunesien ritt ich übrigens auch kurz mal auf einem Dromedar, war aber nicht so ganz mein Fall, es schaukelt doch sehr, das Tier.
Als ich dann Studium und Ausbildung abgeschlossen hatte, das war so um 1980/81 herum, nahm ich wieder Reitstunden in dem alten Reitstall. Das hatte den Grund, dass meine Eltern noch dort in der Nähe wohnten, und ich das Reiten mit einem Besuch bei ihnen verbinden konnte, denn ich lebte mittlerweile in der Landeshauptstadt und arbeitete in einer anderen Stadt als meiner Geburtsstadt. So konnte ich zwei Dinge miteinander gut verbinden, außerdem war mir die Anlage vertraut.
Es standen sogar teils noch die alten Schulpferde dort. Eines hieß Mistral und war ein Schimmel und sehr faul. Beim Satteln wurde er bissig und erwischte mich einmal am Oberschenkel. Das tat sehr weh und noch heute sieht man deutlich die Zahnabdrücke auf dem Bein. Ich war danach erst einmal ein paar Tage nicht arbeitsfähig. (Später gab es noch ein paar Unfälle, aber dazu komme ich dann noch!)
Der Schimmel war das unbeliebteste Schulpferd, nicht nur, weil er Sattelzwang hatte und beim Aufsatteln und Nachgurten zubiss, nein, er war auch das faulste Pferd im Stall und nur mit Mühe vom Fleck zu bewegen.
Und ich bekam den immer zugeteilt.
Ich hatte aber ein anderes Pferd, das mit gefiel: eine zierliche Fuchsstute namens Finale, die war für ein Schulpferd recht umgänglich und leicht zu reiten, vor allem lief die gut vorwärts, ohne dass man dauernd treiben musste.
Zum Glück gab es den alten Kavalleristen nicht mehr, sondern eine junge Frau, die den Reitunterricht erteilte! Von dieser Frau – deren Namen ich leider nicht mehr weiß – lernte ich die Basics des Reitens. Also nicht nur, wie ich oben bleibe, sondern wie ich ein Pferd wirklich führen kann und auch beruhigen, wenn es mal stressig wird.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie einmal die hübsche Fuchsstute mit mir durchging: vom Außenreitplatz hoch zum Stall, 200 Meter etwa im Renngalopp…aber mir machte das nichts, ich bin oben geblieben.
Doch danach hatte ich wieder einmal genug vom Reitunterricht. Mir gefiel auch das Bahnreiten nicht, ich wollte ins Gelände, aber das war in dem Reitstall nicht möglich. Selbst wenn einmal ein Ausritt angesagt war, war das für die Mitreiter purer Stress und sehr gefährlich: die Schulpferde hatten wenig Geländeerfahrung und viel Bewegungsdrang: eine sehr explosive Mischung.
Tja, wie kam ich dann zum eigenen Pferd?
Geduld, bitte!
wie alles begann, vor langer Zeit, aber noch in dieser Galaxie
Soll ich ganz von vorne anfangen? Genau weiß ich nicht mehr, wie ich zum Pferd kam. Irgendwann im Alter von ungefähr 10 Jahren passierte es…die Pferdenärrin in mir erwachte zum Leben. A passion was born, sozusagen…
Ich war als Kind eine Leseratte und ich mochte die Geschichten von Karl May. Als ich ungefähr 10 Jahre alt war, kamen die Winnetoufilme ins Kino. Ich war fasziniert auch von den edlen Pferden Winnetous (Iltschi) und Old Shatterhand(Hatatitla). Beides waren Rappen…vielleicht war mein erstes eigenes Pferd deshalb auch schwarz? Eher ein Zufall. An Karl May hatte ich da schon lange nicht mehr gedacht, ich war ja schon 30, als ich die schwarze Sabrina fand.
Aber ich wollte ja von vorne anfangen: Mein Vater fuhr als Kriegsgeschädigter öfter mal auf Kur und einmal besuchte ich ihn, er hatte für mich in dem süddeutschen Kurort ein Zimmer auf einem Reiterhof gemietet. Ich fühlte mich dort erst sehr einsam, war noch nie von zu Hause alleine weg gewesen und noch nie ohne meine Mutter in einem fremden Haus. Ich hatte sehr viel Heimweh, aber ich erinnere mich noch gut an die Pferde. Reiten durfte ich dort nicht, aber ich war gerne im Stall bei den Tieren.
Irgendwann einmal im Urlaub im Allgäu setzte man mich auf ein braves Kaltblut und ich wurde ein wenig herum geführt.
Als ich ungefähr 12 war, bekam ich meine ersten Reitstunden, in einem sehr traditionellen Reitstall mit einem ehemaligen Kavalleristen als Reitlehrer.
Ich lernte dort mich irgendwie auf dem Pferd zu halten, aber mehr nicht. Die Qualität des Unterrichts war schlecht: man wurde angeschrien, wenn man etwas falsch machte, bekam aber nichts erklärt.
Schon in der ersten Reitstunde (also ich saß das erste Mal selbstständig auf einem Pferd ohne von jemand geführt zu werden!) musste ich mit der Abteilung galoppieren. Man hatte mir ein braves altes Pferd gegeben, das lief geduldig hinter den anderen her. Sicher hatte ich Angst, aber ich habe es überstanden und ging fortan zu den Reitstunden, wenn auch immer mit einem mulmigen Gefühl. Noch heute weiß ich einige Namen der Schulpferde.
Es gab dort auch ein paar „Privatpferde“ von Einstellern, die zu reiten war den besseren Reitschülern vorbehalten. Soweit kam ich nie, denn mit 13 Jahren hatte ich einen Unfall und landete mit einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus. Ich erinnere mich an nichts, erst an das Bett im Krankenhaus. Man erzählte mir, ich sei im Schritt vom Pferd gefallen, aber ich zweifle diese Version an: Es war ein Frühlingstag und der erste Tag auf dem Außenreitplatz, die Pferde drehten dort regelmäßig auf oder durch. Kein Wunder, denn die Schulpferde mussten ihr Leben in Ständerhaltung fristen, nur die Privatpferde hatten das Privileg einer Box, aber 23 Stunden Box….damals, in den Sechzigern des vergangenen Jahrhunderts war Weidehaltung verpönt. Zum Glück der Pferde hat sich das ja heute geändert. Selbst Schulpferde kommen auf die Koppel, zumindest stundenweise und Ständerhaltung ist mittlerweile in Deutschland verboten.
Zu meinem Unfall denke ich, dass das Pferd unvermittelt losgesprungen ist und ich dann stürzte, auf den Kopf. Dank Reitkappe ist nicht mehr passiert als die Gehirnerschütterung, die ich nicht schlimm fand: 2 Wochen keine Schule und mir tat auch nichts weh und die Zimmergenossinnen im Krankenhaus waren recht lustig.
Aber mit der Reiterei war es dann vorbei. Ich hatte keine Angst, aber auch keine Lust mehr auf den chaotischen Reitbetrieb mit dem cholerischen Reitlehrer. Zumal ich dorthin eine halbe Stunde bergauf, bergab laufen oder mit dem Fahrrad fahren musste. Elterntaxi war damals noch nicht…
Wie gesagt: nach dem Unfall war erst einmal Schluss mit der Reiterei. Ich hatte auch Pubertät und ganz andere Interessen.