Reitbeteiligung – Segen oder Fluch

Heute treffe ich mich mit der alten Bekannten, die sich als einzige auf mein Gesuch nach einer Reit-und Pflegebeteiligung gemeldet hat. Es gibt inzwischen über 900 Besucher auf der Anzeigenseite und 13 auf der Merkliste, aber geschrieben oder angerufen hat nur die eine.

Das mit den Reitbeteiligungen ist so eine Sache. Fast jede/r der/die reitet, hat damit Erfahrungen, sei es als Nehmer oder als Geber. Ich selbst habe ja damals vor knapp 30 Jahren mein Pferdeleben mit einer Reitbeteiligung auf Sabrina begonnen. Das war auch gut als Vorlauf zum Pferdebesitz. Ich konnte meine Erfahrungen im Umgang mit einem Pferd machen und hatte noch genug Ansprechpartner bei Fragen. Schließlich mündete meine Reitbeteiligung im Kauf des Pferdes. Das ist schon das erste Dilemma mit den Reitbeteiligungen. Wenn sie gut sind, dann wollen sie auf Dauer doch ein eigenes Pferd. Sie wollen sich halt nicht immer mit den Besitzern absprechen müssen, was sie mit dem Pflegepferd machen sollen oder dürfen.

Die Guten habe ich dann immer an Eigenbesitz verloren….oder es mangelte an Zeit. Zum Beispiel Mütter von Klein- und Grundschulkindern, deren Mann auch noch auf pünktlich auf den Tisch gestellte Mahlzeiten besteht….der Anwesenheit des Hausweibchens wünscht, um sich nach der harten Arbeit zum Familienunterhalt doch oprimal bedienen zu lassen. So habe ich es jedenfalls bei dem Typ „Mutter mit kleinen Kindern“ erlebt.

Ich selbst bin/war allein stehend mit Kind, nur meine Eltern haben mir seinerzeit bei der Betreuung geholfen. Am Wochenende war das Kind meistens dort und ich hatte Zeit für die Pferde. In der Woche richtete sich der Tagesplan ganz nach dem Kind, aber ich hatte nicht noch einen Ehemann zu berücksichtigen. Das war eindeutig ein Vorteil.

Als mein Sohn noch nicht in der Schule war, hatte ich eine tolle Frau als Reitbeteiligung. Sie war auch der Typ Hausfrau und Mutter, aber sie schaffte sich genug Freiräume um bei der Ausbildung meiner Stute zu helfen. Ich weiß nicht, wieviele Jahre es waren, aber es waren etliche. Zahlen brauchte sie nichts – außer einen Beitrag für die Hufpflege. Sie nahm mit Stute Reitstunden bei ein CP-Trainerin in der Reithalle des Vereins und konnte je nach Belieben auch ausreiten. Sie ist sogar mal einen Orientierungsritt mit der Stute geritten.

Das war alles sehr schön und ich bin ihr auch dankbar, dennoch gab es auch verschiedene Ansichten und Diskussionen über das Reiten. Ich fand sie manchmal zu ehrgeizig mit der Stute, die ja noch viel lernen musste damals. Es hat dem Pferd nicht geschadet, trotz allem war es eine gute Zeit. Leider kam unverhofft eine Änderung – so wie es im Leben eben immer geht, nichts ist für die Ewigkeit. Sie orientierte sich mehr und mehr im Hundesport fand dort einen neuen Partner, trennte sich von ihrem Mann und gab das Reiten ganz auf.

Da stand ich nun mal wieder alleine da….später kam sie noch einmal zu Besuch und erzählte, dass sie wieder mit ihrem Exmann zusammen sei und ihn nochmal geheiratet habe, aber dass sie nicht mehr reiten wollte….das habe ich nicht verstanden, musste es allerdings auch so akzeptieren. Danach wollte ich keine Reitbeteiligung mehr. Es ging ja auch besser mit der Zeit, mein Sohn kam in die Pubertät und entwickelte mehr und mehr ein Eigenleben, das schaffte mir mehr Raum für die Pferde.

Aber in der Zeit, als ich gerade Mutter geworden war, brauchte ich noch mehr Unterstützung bei den Pferden und hatte etliche Reiterinnen – die alle nacheinander dann eigene Pferde anschafften und mir somit wieder verloren gingen.

Es ging damals hauptsächlich und den etwas schwierigen, weil sehr sensiblen Araber Halan. Dafür hatte ich sogar mal einen Westernreiter, aber der ging mir einfach zu grob mit dem Pferd um. Das war gar nichts für den Wallach. Einmal fuhr dieser Mann sogar zu einem Westernturnier mit Halan, danach ließ der sich kaum noch verladen….aber ich muss sagen, Anfang der 90ger hatte ich auch noch Wettbewerbsambitionen, allerdings ging ich nur auf Freizeitreiterturniere des hauseigenen Vereins und mal auf einen Orientierungsritt im Nachbarverein. Für Halan war das nur Stress und ich bin einfach nicht ehrgeizig genug….

Nun mal zurück zu den Fremdreitern: wie gesagt, die besseren haben dann eigene Pferde angeschafft. Eine der ersten Reiterinnen hat jetzt eine Alpakazucht und die Pferde wohl ganz aufgegeben, die eigenen Pferde verkauft….was ich nicht verstehen kann, denn wenn ich nicht mehr reiten würde, würde ich die Pferde trotzdem behalten, sie sind meine Familie….\r\nEine andere Mitreiterin steht immer noch mit mir im gleichen Stall und hat selbst jetzt 2 Pferde, davon einen fast 30 jährigen Rentner, der mir damals die Show gestohlen hatte.

Die übrigen fielen weniger ins Gewicht. Ich erinnere mich nur noch an die eine, die dem Araber die Mähne fies abgeschnitten hatte, ein Unding, denn die Mähne ist ja rassetypisch lang, so wie bei den Iberern auch. Das war´s dann auch mit der Reitbeteiligung.

Letztes Jahr suchte ich ja wieder jemand, der mich auf der Stute auf Ausritten begleiten würde. Da meldeten sich ungefähr 10 Leute und kamen auch zum Probereiten, eine davon blieb ein paar Wochen. Dann bekam sie ein Pferd geschenkt und war auch wieder weg. Die gehörte eindeutig zu den Guten!

Die andere blieb auch eine Weile, aber sie war wieder im Kinderstress und hatte nie Zeit. Gute Vorsätze, aber kein Umsatz. Letztens bekam ich eine SMS von ihr, dass sie ihre Sachen aus dem Stall abgeholt hatte. Das war´s dann auch mal wieder….kein persönliches Wort vorher und auch keine Info, dass sie die Sachen abholen wollte. Kein Abschied, aber so ist das wohl heute in der allgemeinen Unverbindlichkeit.\r\n\r\nEin hindernder Faktor ist sicher auch meine „exotische“ Reitweise. Fast alle lernen nach FN-Regeln reiten und das passt nun mal nicht auf meine Pferde. Penquitt kennt kaum einer und EWU-Westernreiter sind auch nicht ganz das, was mir gefällt. Allerdings noch besser als FN. Ich sage bewusst nicht „Englisch“ oder „Western“-Reiten. Ich habe schon ein Faible für die klassische Dressur und schonendes, am Westernstil orientiertes Reiten. Aber mir passt der Dogmatismus dabei nicht, den die Leute einfach auch mitübernehmen. Ich entwickle mir aus allen Reitweisen lieber meinen eigenen Stil und Bahnreiterei liegt mir einfach nicht.

Eine der Probereiterinnen vom letzten Jahr meinte, meine Stute sei „widersetzlich“. Das kann nicht sein, nur, wenn Stute meint, der Reiter oben hat keine Ahnung, dann macht sie, was se denkt, was richtig ist. Sie hat für ein Pferd einen ziemlich hohen IQ und sehr viel Gefühl und Intuition, soweit man das als Mensch beurteilen kann.

Ich antwortete: „Die ist nicht widersetzlich, du drückst dich nur nicht klar aus!“ und diese besagte Person bekam Unterricht von einem professionellen Westerntrainer….(!) Hatte aber nicht viel Ahnung von der Kommunikation mit Pferden, wie es schien. Stute ist immer kooperativ, aber wenn Reiter sich undeutlich ausdrückt, was soll sie machen?

Andere Leute machen auch nicht so gute Erfahrungen mit den Reitbeteiligungen, hauptsächlich geht es immer darum, dass diese plötzlich verschwinden aus mehr oder weniger undurchsichtigen Gründen.

Einmal ist der Freund schuld, dann ging das Pferd eine Weile lahm, oder Schule, Beruf. Studium…..aber all das kann man sich überlegen, bevor man sich ein Pferd sucht. Als Besitzer muss ich das auch organisiert kriegen, auch wenn das Pferd mal lahm geht oder meine Zeit knapp wird.

Wie schon angedeutet: in Zeiten des Internets geht alles mehr oder weniger in Richtung Unverbindlichkeit. Verantwortung zu übernehmen, ist nicht mehr hip.

Na ja, wir werden sehen, wie es mit der alten Bekannten heute geht, schließlich habe ich damals, als sie schwanger war vor 20 Jahren, ihren Haflinger geritten und das war ein tolles Pferd.

Warten wir es ab!‘

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